POET NR. 09 INHALT COVER ORDERN ET CETERA

  Literatur und Politik im Gespräch
Einführung von Walter Fabian Schmid


In den Gesprächen befragt der poet diesmal Autoren zu politischer Literatur. Was lässt sich 2010 sagen über dieses traditionsbelastete Genre? „Politische Literatur“ will sich keinesfalls zum Instrument der Politik machen, sondern Literatur bleiben, mit all ihren eigenen Verfahrensweisen. Zwar können weder der Schriftsteller noch seine Figuren ihrer jeweiligen Zeit und ihrem Umfeld entkommen; da aber genau darüber die Politik heute in den Roman gelangt, ist das Politische chronistisch, höchst subjektiv und eine implizit im Text enthaltene Schicht.

Bei zunehmender Verschleierung der Politik und ihrer Vermischung mit fremden Bereichen, bei zunehmendem Orientierungsverlust und der Herstellung einer fiktiven Dramaturgie seitens der Politik kann der Schriftsteller allenfalls individuelle Einsichten in sie verarbeiten. Er will oder kann sich nicht positionieren, er oszilliert lieber, genauso nämlich, wie die Forderungen, die an die Literatur heute gestellt werden, selbst oszillieren. Oder die Autoren entziehen sich ganz. Das macht nichts, weil das politische Buch nicht politisch sein muss, auch seine Aufnahme in der Gesellschaft kann es zu einer politischen Angelegenheit werden lassen.

Auf keinen Fall braucht Literatur die Politik als Rechtfertigung. Sich im Text der Politik anbiedern, hieße, seine Integrität als Schriftsteller auf­geben, inklusive der literarischen Ästhetik. Literatur kommuniziert vielfältiger und nicht eingleisig einer politischen Aussage entsprechend. Da sie sich heute nicht zu einem Instrument degradieren will, versuchen die Autoren eindeutig vorgesetzten Prämissen eher zu entschlüpfen. Nach einer Ordnungskraft unserer ideologischen Ruinen kann so lange ge­sucht werden. Keiner tritt aufmüpfig vor und reißt selbstbewusst die geistige Führungsrolle an sich, um den Bedarf nach Sinnstiftung und den Orientierungshunger zu stillen. Aber das ist nur ein geringer Teil der Erkenntnisse unserer Gespräche.

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Jeder Autor ist automatisch Zeitzeuge, gleich mit welcher Intention er schreibt. Doch wie sieht das Wechselspiel zwischen Literatur und Politik aus? Sechs namhafte Autoren geben Auskunft.
 
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