POET NR. 15 INHALT COVER ORDERN ET CETERA

  Lars Reyer

Gesang aus dem Schneideraum

»Ende der 40er sah Kubrick aus wie ich.«

I

Obst & Wespendörre: in langen Gleichungen geht
jemand vor sich hin, kaum eines Nachbarn Garten
mit dem Blick zu streifen. Fuß um Fuß den Bürger-

steig entlang, das Auge zieht die Spuren (Äpfel)
hinter sich. Das Auge sieht. Das kann schon beinah
alles sein. Man weiß nicht so genau, noch nicht, ist

diese Höhlung eine Augen- oder eine Apfelhöhlung.
Wespendörre jedenfalls & Wespenkörper aus der
Höhlung raus. Befreit. Wie lang hat das Insekt den

Larvenstatus inne? : Dann spann den Bogen in die
Schreibmaschine ein. Schreib & schnitze, schneide
dir das Kerngehäuse raus. Hör den Stimmen zu, die

in die Spule eingealtert sind. »Stanley, alter Pfeifen-
heinrich!« Doch einen Stanley gibt es nicht, es gibt
nur Obst & Wespendörre & eine mathematische Ver-

renkung im Gehirn. Gerüche sind wie Stimmen hier
vorhanden oder umgekehrt, gestülpt & eingemostet.
Mit seinem Auge sieht der Mensch so gut wie nichts.




Lars Reyer

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Lars Reyer wurde 1977 in Werdau geboren. Studium der Philosophie, Anglistik und Ethnologie in Münster. Danach Studium am Deutschen Literatur­institut Leipzig mit Abschluss im Jahr 2006. Seitdem tätig als freier Autor. 2006 erschien sein Debüt Der lange Fußmarsch durch die Stadt bei Nacht in der Lyrik Edition 2000. 2013 kam der Gedicht­band Magische Maschinen im Verlag Schöffling & Co. heraus.
 
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