POET NR. 14 INHALT COVER ORDERN ET CETERA

  Jean Krier

Vieles aber ist / zu behalten
Hölderlin: Mnemosyne; 3. Fassung

Das nimmt mir keiner: so vollgestopft der Kopf
mit schwarzer Welt. Ein Herz, das leer u bebt
u nicht zu messen. Ein Meer, enorm, das frisch
u frei u über Fels u Ewigkeit hinaus. Vater u
Mutter, die feiern trunken in meinem Traum. Hab
sie eingeholt jetzt, bin so alt u vergangen wie sie.
Das nimmt mir keiner, dies Leben, unzählige Male
verpasst u stets gestorben. Die Katze mit schwarzem
Herzen am rechten Fleck, wie sie zu mir spricht,
ganz allein in ihrem Fell, bevor der Knüppel.
Der Regen, in dem ich vor der Traufe stehe
gelassen. Nicht die Wolken, die es nicht juckt,
wenn winters die Bäume sich recken u strecken,
nicht der Schnee, so still in seinem Glanz –
sie nehmen mir all dies nicht, auch nicht das Urteil,
gesprochen von keiner Instanz. Selbst wenn es,
wie diesmal an einem Montag: dies alles ist zu
behalten, denn dann geht das Alte wieder los.
Vor längeren Aufenthalten im Wald ist abzuraten.
Es gelten die Warnungen des deutschen Wetter
Dienstes. Ach, wir leben doch in den besten Zeiten.



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Sylvia Geist, geboren 1963 in Berlin. Studium der Chemie, Germanistik und Kunstgeschichte. Schreibt Lyrik, Prosa, Kritiken und übersetzt. Auszeichnungen u.a. Lyrikpreis Meran 2002, Stipendiatin im Künstlerhaus Edenkoben 2006, Adolf-Mejstrik-Ehrengabe der Deutschen Schillerstiftung 2008. Zuletzt: Vor dem Wetter. Gedichte (Luftschacht Verlag 2009) und Letzte Freunde. Erzählungen (Luftschacht Verlag 2011).
 
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